Ich glaube ja, dass bei mir die Leidenschaft die größere und auch stärkere der beiden ist, deutlich übergewichtig, überhaupt nicht vornehm, eher etwas sprunghaft und launisch. Meine Vernunft stelle ich mir dafür als ein etwas schüchternes und sehr korrektes Mauerblümchen vor, dass mit gespitztem Stift in der Hand und Heft unter dem Arm ständig der Leidenschaft hinterherhetzt, sie aber kaum jemals einkriegt. Wenn doch, ist es meistens eh zu spät und die Leidenschaft liegt mit tränenverschmierter Wimpertusche heulend auf dem Boden. „Hast Du mich denn nicht gehört? Ich habe Dich ein paar Mal gerufen“ sagt die Vernunft dann leise und vorwurfvoll. „Hier im Buch stand doch drin, was wahrscheinlich passieren würde.“ „Ach ja, Du hast ja recht.“ jammert die Leidenschaft dann. „Du weißt doch, dass Du ein ausgesprochen selektives Erinnerungsvermögen hast.“ sagt die Vernunft ein wenig eingebildet, weil sie gerade in Wikipedia nachgeschaut hat, was das bedeutet. „Ja, ja, ja, Du hast ja recht“, die Leidenschaft kann dieses kluge Gehabe überhaupt nicht leiden und klingt etwas ungehalten. Seufzend macht sich die Vernunft dann eine Notiz in ihr Heft, streicht der Leidenschaft begütigend über den Kopf, holt zwei Gläser und macht ein Fläschchen Rotwein auf: „Santé“ - „Prost“
was soll denn Vernunft überhaupt sein? Eine Einrichtung zur selbstständigen Lebenserhaltung? Gibt es eine kollektive Vernunft, besser gesagt, ist diese angelegt? Wäre dann diese etwas ganz anderes als die persönliche?
Na, bei Dir scheint die innere Bühne ja auch über eine überbordende Lebhaftigkeit zu verfügen - wie schön.
Ich glaube, jeder phantasiebegabte Mensch hat seine ureigenen Vorstellungen davon, wie diese großen inneren Instanzen aussehen würden, wären sie zu personifizieren. Man legt sich mit der Zeit eine ganze Kollektion innerer Ratgeber, Versucher, Zensoren und Unterstützer zu. Sie können einen genausogut unterstützen wie sie einem manchmal auf den Keks gehen können. Aber immer sind sie gut für eine anschauliche (und für den Hörer hinreißende) Darstellung unserer inneren Vorgänge. Gratulation für den netten Kurzfilm der beim lesen in mir ablief und danke, dass ich diese beiden aus dem Kollektiv deiner inneren Akteure kennenlernen durfte.
Tja, was soll die Vernunft sein? Kollektiv ist sie sicher insofern, als man sich in der sozialen Gruppe in der man sich bewegt im Großen und Ganzen einig ist, was "vernünftig" ist. Ganz interessantes Gedankenspiel nebenbei: was würden unsere "vernünftigen" Entscheidungen im Urwald oder auf einem fremden Planeten taugen?? Vernunft ist also sozialer Konsens, hauptsächlich um dafür zu sorgen, dass Regeln eingehalten werden und die innergesellschaftlichen Abläufe nicht allzu unüberschaubar und chaotisch werden.
Es ist z.B. nicht vernünftig über eine stark befahrene Kreuzung zu gehen wenn die Fussgängerampel auf Rot steht. Hier ergibt sich hauptsächlich die eine Möglichkeit der Abwägung: will ich vernünftig oder tot sein. Leichte Entscheidung normalerweise. Aber wenn man zum Beispiel vor einer Entscheidung steht in die sich die Sorte Vernunft einmischt die moralisch geprägt ist, wirds problematisch. Hier greift dann auch Deine Überlegung von ganz oben. Wenn verordnete Vernunft lediglich dafür sorgen will, dass ich "in der Spur bleibe", und zwar in einer Spur die irgendwelche Leute irgendwann einmal als "den rechten Weg" definiert haben, dann ist Obacht angesagt. Wo Vernunft nicht mehr und nichts anderes will als Ruhe, Ordnung, Ungestörtheit sichern, da kann sie zur Falle werden.
Wenn ich nach einer Vernunft greife die gegen meine Gefühle steht, dann sollte ich mich fragen wie weit ich mich selbst belüge, wie weit die Vernunft eine Ausrede ist um mir meine Bequemlichkeit und Behaglichkeit zu sichern. Dann nämlich wäre es ehrlicher, man trifft die Entscheidung nicht auf Grund einer lediglich vorgeschobenen Vernunft, sondern aus den tatsächlichen Gründen.
Kollektiv angelegt ist Vernunft sicher nicht. Sie ist immer ein Machtinstrumente. Das heißt sie ist auch "gemacht" und deshalb abhängig davon, dass ein Mächtiger (oder mehrere) bestimmen was vernünftig ist und was unvernünftig.
Das was an angelegten Fähigkeiten der Vernunft am ähnlichsten ist ist der Instinkt (womit wir wieder beim limbischen System wären). Der Instinkt funktioniert so lange gut, wie ihm nicht allzu viel Vernünftelei und Kopfgesteuertheit dazwischen kommt - ist also in unserem Lebensumfeld relativ untauglich. Viele unserer Vernunftentscheidungen basieren zwar noch auf dem Instinkt, wir könnten sie aber alleine mit dem Instinkt nicht mehr zuverlässig treffen, sie müssen uns vielmehr über die "Vernunft" unserer Erzieher und Ausbilder vermittelt werden. Da könnte nun der nächste Disput entstehen: wo zieht sich die Grenze zwischen: jemandem Vernunft lehren und jemanden lehren auf seinen Instikt zu hören. Hundmütter bringen ihren Jungen vieles bei was sie, würden sie es in Eigenregie herausfinden müssen, das Leben kosten könnte; Vernunft oder Instinkt??? Herrjeh - da habe ich mich jetzt aber erfolgreich selber verwirrt und muss mich erst mal ordnen gehen...
In der Hoffnung mit meinen freihändigen philosophischen Ausführung zur Klärung beigetragen und nicht statt dessen noch mehr Verwirrung gestiftet zu haben,
Ich schab gerade Spätzle. Spätzlephilosophisch würde ich meinen, Instinkt ist eine Variation oder Vorstufe der Vernunft, ohne Erlerntes oder Erfahrung bewusst einzubringen. Oder uralte Vernunft-Entscheidungen, die erklärungsfrei überliefert werden, weil es diese dazu notwendigen Umstände der Erfahrungen gar nicht mehr gibt.
Gestern hatte ich z.B. eine Situation auf der Autobahn, wo ich hinter einer Kurve im Gefälle plözlich vor einem Stauende stand, ohne Vorwarnung. Ich konnte garade noch rechtzeitig bremsen, war dann aber selbst das Stauende, noch näher am Scheitelpunkt der Kurve, quasi innerhalb meines eigenen Bremsweges. Hinter mir war erst mal niemand, sprich die Nachfolgenden hatten keine Ahnung, dass sie mit etwa hundert auf mein stehendes Auto zufahren.
Ich dachte, das war's.
In meinem Kopf prügelten sich Instinkt (sofort austeigen und abhauen) und Vernunft (wohin? stehe auf der linken Spur und bin wahrscheinlich eh nicht schnell genug. Dann hab ich nicht mal das Blech als Überlebenschance). Richterin Fügung war entweder mit der Rekrutierung meiner Schutzengel beschäftigt oder saß interessiert auf der Leitplanke, vielleicht auch gelangweilt, weil sie eh schon wusste, was passieren würde.
Sieger nach Punkten war die Vernunft, ob richtig oder falsch. Aber eigentlich war der Kampf überflüssig, weil es letztendlich allein auf die Verfassung der Richterin ankam (oder dem Sack Reis).
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@graugans
Ich glaube, jeder phantasiebegabte Mensch hat seine ureigenen Vorstellungen davon, wie diese großen inneren Instanzen aussehen würden, wären sie zu personifizieren. Man legt sich mit der Zeit eine ganze Kollektion innerer Ratgeber, Versucher, Zensoren und Unterstützer zu. Sie können einen genausogut unterstützen wie sie einem manchmal auf den Keks gehen können. Aber immer sind sie gut für eine anschauliche (und für den Hörer hinreißende) Darstellung unserer inneren Vorgänge. Gratulation für den netten Kurzfilm der beim lesen in mir ablief und danke, dass ich diese beiden aus dem Kollektiv deiner inneren Akteure kennenlernen durfte.
vergnügt grinsend
die Alte Saeckin
@rinpötscherl
Es ist z.B. nicht vernünftig über eine stark befahrene Kreuzung zu gehen wenn die Fussgängerampel auf Rot steht. Hier ergibt sich hauptsächlich die eine Möglichkeit der Abwägung: will ich vernünftig oder tot sein. Leichte Entscheidung normalerweise. Aber wenn man zum Beispiel vor einer Entscheidung steht in die sich die Sorte Vernunft einmischt die moralisch geprägt ist, wirds problematisch. Hier greift dann auch Deine Überlegung von ganz oben. Wenn verordnete Vernunft lediglich dafür sorgen will, dass ich "in der Spur bleibe", und zwar in einer Spur die irgendwelche Leute irgendwann einmal als "den rechten Weg" definiert haben, dann ist Obacht angesagt. Wo Vernunft nicht mehr und nichts anderes will als Ruhe, Ordnung, Ungestörtheit sichern, da kann sie zur Falle werden.
Wenn ich nach einer Vernunft greife die gegen meine Gefühle steht, dann sollte ich mich fragen wie weit ich mich selbst belüge, wie weit die Vernunft eine Ausrede ist um mir meine Bequemlichkeit und Behaglichkeit zu sichern. Dann nämlich wäre es ehrlicher, man trifft die Entscheidung nicht auf Grund einer lediglich vorgeschobenen Vernunft, sondern aus den tatsächlichen Gründen.
Kollektiv angelegt ist Vernunft sicher nicht. Sie ist immer ein Machtinstrumente. Das heißt sie ist auch "gemacht" und deshalb abhängig davon, dass ein Mächtiger (oder mehrere) bestimmen was vernünftig ist und was unvernünftig.
Das was an angelegten Fähigkeiten der Vernunft am ähnlichsten ist ist der Instinkt (womit wir wieder beim limbischen System wären). Der Instinkt funktioniert so lange gut, wie ihm nicht allzu viel Vernünftelei und Kopfgesteuertheit dazwischen kommt - ist also in unserem Lebensumfeld relativ untauglich. Viele unserer Vernunftentscheidungen basieren zwar noch auf dem Instinkt, wir könnten sie aber alleine mit dem Instinkt nicht mehr zuverlässig treffen, sie müssen uns vielmehr über die "Vernunft" unserer Erzieher und Ausbilder vermittelt werden. Da könnte nun der nächste Disput entstehen: wo zieht sich die Grenze zwischen: jemandem Vernunft lehren und jemanden lehren auf seinen Instikt zu hören. Hundmütter bringen ihren Jungen vieles bei was sie, würden sie es in Eigenregie herausfinden müssen, das Leben kosten könnte; Vernunft oder Instinkt??? Herrjeh - da habe ich mich jetzt aber erfolgreich selber verwirrt und muss mich erst mal ordnen gehen...
In der Hoffnung mit meinen freihändigen philosophischen Ausführung zur Klärung beigetragen und nicht statt dessen noch mehr Verwirrung gestiftet zu haben,
die Alte Saeckin
Gestern hatte ich z.B. eine Situation auf der Autobahn, wo ich hinter einer Kurve im Gefälle plözlich vor einem Stauende stand, ohne Vorwarnung. Ich konnte garade noch rechtzeitig bremsen, war dann aber selbst das Stauende, noch näher am Scheitelpunkt der Kurve, quasi innerhalb meines eigenen Bremsweges. Hinter mir war erst mal niemand, sprich die Nachfolgenden hatten keine Ahnung, dass sie mit etwa hundert auf mein stehendes Auto zufahren.
Ich dachte, das war's.
In meinem Kopf prügelten sich Instinkt (sofort austeigen und abhauen) und Vernunft (wohin? stehe auf der linken Spur und bin wahrscheinlich eh nicht schnell genug. Dann hab ich nicht mal das Blech als Überlebenschance). Richterin Fügung war entweder mit der Rekrutierung meiner Schutzengel beschäftigt oder saß interessiert auf der Leitplanke, vielleicht auch gelangweilt, weil sie eh schon wusste, was passieren würde.
Sieger nach Punkten war die Vernunft, ob richtig oder falsch. Aber eigentlich war der Kampf überflüssig, weil es letztendlich allein auf die Verfassung der Richterin ankam (oder dem Sack Reis).
Ich hatte
Bin um eine Erfahrung reicher.