Alte Saecke warten ungern
Es ist mal wieder Arzttag. Während ich in meiner Jugend die Arztpraxen nach Kräften floh, treibt mich nun der Schmerz in regelmäßigen Abständen den Albinokrähen in die Arme.
Als wäre das nicht schlimm genug, muß die so ungern zu Kreuze (in diesem Fall eher zu Aeskulapstab) kriechende Alte Saeckin auch noch warten. Warten ist die Haupttätigkeit eines Patienten. Der Patient wird erst zum vollwertigen Teilnehmer am Projekt der Volksgesundheit wenn er ausreichend Wartezeiten oder eine Privatversicherung mit EXTRA-SUPER-ICH-BIN-WICHTIG-KARTE vorweisen kann.
Da diese Betätigung des Patienten auch über einen langen Zeitraum ohne Hilfe durch den Arzt oder das medizinische Hilfspersonal stattfinden kann, wurden dafür separate Räume eingerichtet, wohin die Patienten zur Ableistung ihrer Wartezeit gewiesen werden. Je begehrter und wichtiger der Arzt, desto dunkler, enger und schlechter möbliert ist das Wartezimmer für Kassenpatienten. Sogar die ausliegenden Zeitschriften sind zwei Wochen älter als üblich. Die Viren- und Bakterienkolonien auf den meistbespeichelten Ecken der Gazetten und Magazine sind zahlreicher, angriffslustiger und therapieresistenter als in den Wartezimmern weniger anerkannter medizinischer Kapazitäten.
Warum das so ist kann ich nur mutmaßen.
Die Koryphäe an sich tendiert eher zum Privatpatienten. Für den wird eigens ein heller freundlicher Raum mit duftölgeschwängerter Luft, weichgespülten KLängen aus Loch Wellness und aktuellen Hochglanzmagazinen bereitgehalten - falls doch einmal ein fünfminütiges Warten nicht zu vermeiden sein sollte.
Fatal ist, dass die Brückenzeit vom Zustand "Arzt fürs Volk" zu "Koryphäe für Knete" überwunden sein will. Man muß sich ja erst mal sicher sein, dass die Anzahl der privatimen Schotterbringer konstant hoch genug bleibt um die von der Dame des ärztlichen Hauses angestrebte Villa zu finanzieren.
Da wartet sie also, die schmerzzermürbte alte Saeckin und klammert sich an das mitgebrachte Taschenbuch. Nicht lange und es findet sich auch in diesem Wartezimmer ein anderer und wesentlich gesprächigerer alter Sack, der der wehrlosen alten Saeckin seine unerhörten gesundheitlichen Probleme sowie die emotionalen Schieflagen innerhalb seiner Familie und Nachbarschaft zu Gehör bringt. Dass die alte Saeckin den Blick nicht vom Buch lässt und sogar ab und zu daran denkt umzublättern stört den mitteilsamen Zeitgenossen in keiner Weise. Das gesamte Elend seiner Existenz breitet er vor der Mitwartenden aus. Mit Ungeduld beobachtet die das zögerliche Schwinden der vor ihr an die Reihe kommenden. Dann - sie wäre die Nächste gewesen - ist auf einmal der Schmerz im Knie kaum noch der Rede wert und die Idee, es einfach mit einer Dreifachdosis des frei verkäuflichen Schmerzmittels zu versuchen bestechend. Draußen rammt sie einer vielgeschminkten stark blumig duftenden Dame die Klinke der Wartezimmertür ins Kreuz. Die Dame wird gerade vom arztgefüllten Kittel zur Tür komplimentiert.
"Grüßen sie den Herrn Gemahl. Ab nächsten Monat wird es ja dann erträglicher hier" hört die alte Saeckin sagen, während sie sich von der unwirschen Sprechstundenhilfe, die jetzt viel toller heißt, einen kopierten Zettel aushändigen lässt.
"... bitten wir Sie, sich darauf einzustellen, dass wir ab nächsten Ersten nur noch Privattermine vergeben. Nötigenfalls bemühen Sie sich bitte um einen Arzt der auch weiterhin mit Ihrer Krankenkasse abrechnet."
Als wäre das nicht schlimm genug, muß die so ungern zu Kreuze (in diesem Fall eher zu Aeskulapstab) kriechende Alte Saeckin auch noch warten. Warten ist die Haupttätigkeit eines Patienten. Der Patient wird erst zum vollwertigen Teilnehmer am Projekt der Volksgesundheit wenn er ausreichend Wartezeiten oder eine Privatversicherung mit EXTRA-SUPER-ICH-BIN-WICHTIG-KARTE vorweisen kann.
Da diese Betätigung des Patienten auch über einen langen Zeitraum ohne Hilfe durch den Arzt oder das medizinische Hilfspersonal stattfinden kann, wurden dafür separate Räume eingerichtet, wohin die Patienten zur Ableistung ihrer Wartezeit gewiesen werden. Je begehrter und wichtiger der Arzt, desto dunkler, enger und schlechter möbliert ist das Wartezimmer für Kassenpatienten. Sogar die ausliegenden Zeitschriften sind zwei Wochen älter als üblich. Die Viren- und Bakterienkolonien auf den meistbespeichelten Ecken der Gazetten und Magazine sind zahlreicher, angriffslustiger und therapieresistenter als in den Wartezimmern weniger anerkannter medizinischer Kapazitäten.
Warum das so ist kann ich nur mutmaßen.
Die Koryphäe an sich tendiert eher zum Privatpatienten. Für den wird eigens ein heller freundlicher Raum mit duftölgeschwängerter Luft, weichgespülten KLängen aus Loch Wellness und aktuellen Hochglanzmagazinen bereitgehalten - falls doch einmal ein fünfminütiges Warten nicht zu vermeiden sein sollte.
Fatal ist, dass die Brückenzeit vom Zustand "Arzt fürs Volk" zu "Koryphäe für Knete" überwunden sein will. Man muß sich ja erst mal sicher sein, dass die Anzahl der privatimen Schotterbringer konstant hoch genug bleibt um die von der Dame des ärztlichen Hauses angestrebte Villa zu finanzieren.
Da wartet sie also, die schmerzzermürbte alte Saeckin und klammert sich an das mitgebrachte Taschenbuch. Nicht lange und es findet sich auch in diesem Wartezimmer ein anderer und wesentlich gesprächigerer alter Sack, der der wehrlosen alten Saeckin seine unerhörten gesundheitlichen Probleme sowie die emotionalen Schieflagen innerhalb seiner Familie und Nachbarschaft zu Gehör bringt. Dass die alte Saeckin den Blick nicht vom Buch lässt und sogar ab und zu daran denkt umzublättern stört den mitteilsamen Zeitgenossen in keiner Weise. Das gesamte Elend seiner Existenz breitet er vor der Mitwartenden aus. Mit Ungeduld beobachtet die das zögerliche Schwinden der vor ihr an die Reihe kommenden. Dann - sie wäre die Nächste gewesen - ist auf einmal der Schmerz im Knie kaum noch der Rede wert und die Idee, es einfach mit einer Dreifachdosis des frei verkäuflichen Schmerzmittels zu versuchen bestechend. Draußen rammt sie einer vielgeschminkten stark blumig duftenden Dame die Klinke der Wartezimmertür ins Kreuz. Die Dame wird gerade vom arztgefüllten Kittel zur Tür komplimentiert.
"Grüßen sie den Herrn Gemahl. Ab nächsten Monat wird es ja dann erträglicher hier" hört die alte Saeckin sagen, während sie sich von der unwirschen Sprechstundenhilfe, die jetzt viel toller heißt, einen kopierten Zettel aushändigen lässt.
"... bitten wir Sie, sich darauf einzustellen, dass wir ab nächsten Ersten nur noch Privattermine vergeben. Nötigenfalls bemühen Sie sich bitte um einen Arzt der auch weiterhin mit Ihrer Krankenkasse abrechnet."
schreiben wie atmen - 17. Okt, 12:09
502 mal gelesen
bonanzaMARGOT - 17. Okt, 15:48
meine gesundheit
und mein körper sind eine sehr intime angelegenheit. da lasse ich nur ärzte ran, wenn ich keine andere chance habe. in den letzten 25 jahren war ich vielleicht dreimal bei einem arzt. einer davon war zahnarzt. und einer betriebsarzt.
nein, stimmt nicht ganz, ich lag letztes jahr eine woche im krankenhaus und bin den ärzten, die mich behandelten, sehr dankbar. auch den schwestern. vorallem einer schwester ... aber das ist schon wieder eine andere geschichte.
wenn man echt krank ist, dann ist das warten in einem wartezimmer sowas wie die vorhölle, und der arzt schließlich der liebe gott, der einen noch mal davonkommen ließ.
amen
bon.
nein, stimmt nicht ganz, ich lag letztes jahr eine woche im krankenhaus und bin den ärzten, die mich behandelten, sehr dankbar. auch den schwestern. vorallem einer schwester ... aber das ist schon wieder eine andere geschichte.
wenn man echt krank ist, dann ist das warten in einem wartezimmer sowas wie die vorhölle, und der arzt schließlich der liebe gott, der einen noch mal davonkommen ließ.
amen
bon.
Mir war mal so :)
Mein lieber Sack-Zahnarzt hat im letzte Jahr seine Praxis einem jungen Kollegen übergeben. Der erzählte mir gleich bei der ersten Behandlung, daß er auch Implantate setzt. Im Wartezimmer eine goldgerahmte Urkunde, die ihm einige Seminarstunden beim Impantologen bescheinigte.
Anschließend hab ich mich gleich nach einem Alten-Sack-Zahnarzt umgesehn, jetzt hab ich wieder einen tollen.Der mußte grinsen, als ich ihm sagte, daß ich einen Zahnarzt mit Erfahrung brauche.
Eine Bestellpraxis, kaum Wartezeiten :)