hier und heute, weil 1.er Mai ist und weil es Zeit ist, der Welt dieses Wissen zuteil werden zu lassen:
Die Welt wird von einem geheimnisvollen Mechanismus angetrieben. Eine Art spirituelle Unruh, die unter Spannung gehalten wurde von einer großen Zahl betender Mönche die ein Schweigegelübde abgelegt hatten und in der Abgeschiedenheit ihrer Klöster mit ihren Gebeten, die sie reinen Herzens und unablässig verrichteten, die Welt in Gang hielten. Nachdem der ungute Wandel der Zeiten die Klöster geleert und die Gefängnisse gefüllt hatte, die Welt immer mehr ins Wanken und Eiern geriet, beschloss das Heilige Fatum, die Aufgabe der Weltinganghaltung einer anderen Gruppe zu übertragen.
Lange, lange, ja sehr lange irrte das Heilige Fatum auf der Welt einher, um eine geeignete Gruppe zu finden. Ein jahrelanges unbemerktes Casting, dass eine Unzahl von kleinen und großen Katastrophen, Krisen und anderen Wahnsinn nach sich zog. Es drohte am Ende dennoch erfolglos zu bleiben. Keine der in Betracht kommenden Gruppen brachte die notwendigen Voraussetzungen mit. Die Welt schien an der Schwelle des Unterganges zu stehen. Da, als kaum noch Hoffnung bestand, trat ein einzelner grauer Socken mit zwei Löchern vor das Heilige Fatum und sprach: wir könnten das übernehmen. Wir, Socken im Zölibat, getrennt lebend von unseren Partnern und Partnerinnen, auf der ganzen Welt unterwegs auf der Suche nach Genossen die unser Schicksal teilen. Wir sind tiefgläubige Wesen, unser halbes Leben lang haben wir uns klaglos treten lassen, haben uns im Dienst am Fuße aufgerieben und gehen nun den Weg in die Einsamkeit.
Da atmete das Heilige Fatum auf. Es konnte sich gut vorstellen, dass die Bruder- und Schwesternschaft der Einzelsocken die Aufgabe der vom Austerben bedrohten Mönchsorden übernahm. Seitdem leben in einem stillen Hochtal in den Anden die Einzelsocken in riesigen Waschmaschinen ohne Weichspülgang zusammmen. Gut versteckt verrichten sie dort ihren selbstlosen Dienst an der Menschheit, indem sie mit ihrem synthetischen, wollenen, seidenen oder baumwollenen Gebetsgemurmel die Welt in Gang halten.
So. Ich hoffe, hiermit das Geheimnis der Einzelsocken gelüftet zu haben. Lassen Sie sie einfach in Ruhe, diese Socken. Legen Sie sie irgendwohin. Sie werden bleiben oder gehen, genauso wie ihre Partner und Partnerinnen. Und freuen Sie sich darüber, einigen dieser selbstlosen Wesen auf ihrer Reise zu den großen Waschmaschinen eine Herberge bieten zu dürfen. Sie helfen dadurch, die Welt am Laufen zu halten. Kein Grund, sich zu ärgern. Wirklich nicht.
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