18
Jul
2008

Alte Saecke im freien Fall

Erinnert Ihr Euch, liebe Freunde, Feinde und Leidensgenossen, wie es ist, wenn man mit dem Auto volle Kanne über eine Bodenwelle brettert? Jaja, ich weiß, Bodenwellen gibts kaum noch, weil aus Gründen der Verkehrssicherheit alles eingeebnet wurde wozu das Geld auch nur irgendwie ausreichte. Trotzdem: erinnert Ihr Euch wie schön das war, dieses ungewisse Flügeln und Flattern im Magen, dieser Schwebemoment der leider immer so schnell vorbei war. Ich erinnere mich, meinem Vater den Nerv gezogen zu haben mit meinen ewigen "nochmal, nochmal" Forderungen, denen er meist nicht nachkommen konnte ohne mit sofortiger Wirkung den Rrückweg einzuschlagen (Bodenwellen waren auch damals nicht alle zwei Kilometer verfügbar). Mit den Jahren legte sich diese Bodenwellensucht, um mit dem Erwerb des Autoführerscheins und des ersten eigenen Autos jäh wieder aufzuflackern. Ich kannte jede Bodenwelle im Umkreis und legte meine Strecken immer so, dass möglichst viele darauf vorkamen. Zwischendurch entdeckte ich den Free-Fall-Tower in einem jener unsäglichen Freizeitparks, in den mich berufliche Notwendigkeiten gezwungen hatten. Der Park war ein Grauen, aber die Riesenschiffschaukel und der Turm an dem entlang man in die Tiefe stürzte waren mir Wiedergutmachung genug. Da war es wieder: das Bodenwellengefühl, nur länger und intensiver und mit kurzen Unterbrechungen wiederholbar. Erstaunlicherweise bekam ich nicht zuviel davon, egal wie oft ich in die Schiffschaukel stieg oder mich am Turm hinauf in schwindelnde Höhe hieven ließ.
Der Park ist ziemlich weit weg, der Eintritt ist zu teuer, als dass ich ihn mir oft leisten könnte und meine Entscheidung, kein Auto mehr zu haben trug zur Erschwerung der Anreise bei.
Das Bodenwellengefühl entschwand erneut sang- und klanglos aus meinem Leben. Anfänglich vermisste ich es noch manchmal, dann seltener, irgendwann schien es vergessen / vergangen / gestorben / WEG.
Was für ein berauschender Moment war es doch, als ich kürzlich feststellen durfte, dass das Gefühl beileibe nicht WEG war! Es hatte sich vielmehr lediglich in einer entfernten Seelenecke zur Ruhe begeben, seine Depressionen gehätschelt und sich vermutlich darüber gegrämt nicht mehr gebraucht zu werden, zum alten Eisen zu gehören und unbeachtet dahinzusiechen.
Dann wurde es wohl von irgendeiner Höhenfeuerwerksrakete wachgezischt oder wachgeleuchtet oder wachgeknallt. Es kroch aus seinem Versteck heraus um nachzusehen was da los sein mochte. Mit verschlafenen Augen schaute es sich um und was es da entdeckte war anscheinend so reizvoll, dass es beschloss, vorläufig zu bleiben.
Seit fast zwei Wochen im freien Fall grüßt mit unbeschreiblich grandiosem Bodenwellengefühl in Dauerwiederholung

die Alte Saeckin
(die gebeten wurde sich nicht mehr so zu nennen, aber aus Gründen der Markentreue diesem Wunsch noch nicht nachgekommen ist)

Ach ja: Eure eigenen Free-Fall-, Bodenwellen-, Schiffschaukelgeschichten werden gerne und dankbar entgegengenommen.
1660 mal gelesen
rinpotsche - 18. Jul, 21:18

Magenfraktion

Auja, schöne Erinnerung!
Weiland war ich regelmäßig mit meinem Vater auf seinen gelobten Dienstreisen ins Französische mitgenommen worden. Das Elsaß war damals verkehrstechnisch recht unterentwickelt, aber er bevorzugte, so schnell wie möglich jenseits der Grenze zu kommen, und wir fuhren auf einer kleinen Straße entlang des Rheins, die mir den alljährlichen Jahrmarkt ersetzte. Ich nannte sie: Rue de Hoppsassa.
Es waren frühjugendliche Orgasmen, die ich auf der Strecke erlebte. Eine Straßenkuppe nach der anderen, deren Erlebnis verstärkt werden konnte, indem bergauf Gas gegeben wurde und dann genau auf dem Scheitel die Kupplung getreten wurde. Wir hatten eine ausgefeilte Technik für maximalen Magenhub entwickelt.
Bei den Frühjahrstouren kam zusätzlich die dortige Froschwanderung zum Tragen. Moralisch von allem befreit, wie ich halt damals drauf war, wartete nach dem Freefall nach der Kuppe noch der Glitsch überfahrener Frösche auf mich. Ein ganz besonderer Thrill, weil wir eh zum Mittagessen diese Delikatesse auf dem Zettel hatten.
Heute würde ich dazu ein paar Einschränkungen vorweisen mögen. Besonders bezüglich Nahrungspräferenzen, aber den moderaten Magenhub zieh ich immernoch einem langweiligen Nümmerchen vor.
Deshalb fahr ich bis heute für mein Leben gern Musik-Schnee-oderwieauchimmer-Express alljährlich auf dem Jahrmarkt, und kreischte erst letzt vor Entzücken im Europepark in der Riesenschiffschaukel, die meine Kinder mit hellgrünem Antlitz nach der ersten Runde aus irgendwelchen, fadenscheinigen Gründen verlassen wollten, obwohl sie von der Riesenachterbahn nicht genug kriegen konnten.

schneck06 - 21. Jul, 11:34

das gefühlchen nie verloren entfacht es neu dem kleinhirn hinaus, heuerdings nächsten generationen weitergegeben: der HOPPELWEG (wie er neugetauft wurde) ist ein stossdämpfend grenzwertiger ersatz für den damaligen, lange im rahmen der flurbereinigung eingeebneten landstrassenweg in nahegelegene städtchen. der HOPPELWEG wird meinen bescheidenen wagen schrotten, jedoch zweifach glück spenden, und das ist ja wohl das wichtigste! der HOPPELWEG befindet sich - nur halbjährig sommers geöffnet - zwischen dem städchen und einem nahegelegem bescheuerten, aber schönem, kloster und dient als abkürzung des bescheuerten schulweges. jüngst wurde er renoviert unter gottlob beibehaltung der namensgebenden hoppel.

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